Eine traurige Epoche aus meinem Leben . . .

Ich wühlte an einem grauen Herbsttag in einer Schublade, die ich nur sehr
selten besuche, da ich dort Dinge aufbewahre, die man so gut wie gar nicht
braucht. Fahrzeugbriefe von Autos die schon längst etwas neues geworden
sind, uralte Unterlagen von der Schule, als man noch klein war usw. . .

Da lag auch noch ein alter Zeitungsartikel, der mich wieder an eine Zeit
erinnerte, die einerseits sehr schön war, aber fürchterlich endete. Ich habe
einmal Tierheilpraktiker gelernt. Ich kam dort natürlich auch mit Großtieren in
Kontakt. Damals waren Pferde meine Favoriten. Ich fand allerdings sehr
schnell heraus, das Rinder auch sehr interessante Tiere sind, die mit einer
hohen Intelligenz ausgestattet sind. So fing ich an, mir diese Tiere als kleine
Kälbchen von Bauerhöfen zu holen, wenn diese schwer krank waren. Man hat
dort durch die nicht artgerechte Haltung mit Krankheiten zu kämpfen die, wenn
es dann um die Tierarztkosten geht, als zu gravierend eingestuft werden und
dies das Todesurteil für die Tiere bedeutet. Teils werden die Tiere noch lebendig
bei einer Abdeckerei in den Container geworfen, wie ich es bei einem Schaf
erlebte, oder man lässt sie langsam verrecken oder man erschlägt sie mit
einem Spaten oder anderem geeigneten Werkzeug. Solche Tiere holte ich mir
nach Hause und pflegte sie dort in einem beheizten Stall, so gut es ging gesund.
Das bittere daran war, das ich die meisten Tiere wieder abgeben musste, wenn
sie gesund waren. Es waren einfach zu viele. Sie gingen wieder in diese
traurige Kette der Nutztierhaltung über, auch wenn ich einen Bauern an der
Hand hatte, wo die Haltung halbwegs human ablief. Es war immer ein Abschied von
diesen kleinen Tieren, die ich teilweise über Monate bei mir hatte, bis sie
wieder halbwegs fit waren, wenn sie ihre Krankheit, die meistens schon im
fortgeschrittenen Stadium waren, überlebten.

Drei von diesen Tieren behielt ich, weil sie eine wirklich schlimme Kindheit
hinter sich hatten. Die eine Kuh (Lutschi) war bei der Geburt als Kälbchen mit
ihrer Wirbelsäule auf eine Betonkante einer Ablaufrinne gefallen, so das sich
ein Teil der Lendenwirbelsäule durch die Verletzung entzündete. Ich habe
dieses Tierchen mit aller Kraft hochgepäppelt, so das es nachher auf eigenen
Beinen stehen konnte. Man sah später nur einen eierigen Gang, der an die
Krankheit erinnerte. Wenn sie rannte dachte man immer das Hinterteil will das
Vorderteil überholen. Deshalb bekam ich nacher auch noch Ärger, weil mich
ein Bauer anzeigte, weil er behauptete, daß BSE im Spiel sei...

Dann war da noch Lotti, eigentlich eine Hochleistungskuh, die durch eine
Nabelentzündung an Kälberlähme erkrankte. Ich bekam sie mit einem steifen
Handgelenk (Vorderbein), welches voller Eiter war. Die Sehnen waren hart wie Stein. Das
Gelenk rührte sich keinen Millimeter mehr. Dieses Tier hatte einen
unerschütterlichen Lebenswillen, deshalb nahm ich die schwierige Behandlung
auf mich. Nach etlichen Wochen hatte ich das Tier so weit, das es selbstständig
auf vier Beinen laufen konnte. Lotti hatte einen riesen Spaß daran.

Und dann war da noch Flitzer. Diese hatte ich auch mit einem
Wirbelsäulenleiden bekommen.

Ich hatte diese Tiere viele Jahre und konnte mit ansehen, wie sie immer
größer wurden und eine Persönlichkeit aufbauten, wie man es normalerweise
von dieser Tierart nicht kennt. Die drei waren wie freundliche Haustiere.

Nach sieben Jahren begann die Tragödie mit mir und meinen Tieren.

Es fing damit an, das sich die Bauern gegen mich verschwörten. Es werden in
unserer meist spießigen, kleinkarierten Gesellschaft auf Dauer keine Menschen
geduldet, die solche Hobbys betreiben, wie ich es tat, zumal ich die Tiere ja nicht
zum Schlachter brachte, so wie sich das eigentlich gehört! Ich wurde
schlagartig mit meinen Tieren auf die Strasse geworfen, mit einer Frist von 8
Tagen. Nun ging die große Sucherei los. Wenn man Pferde hat, ist es ein
wesentlich kleineres Problem, Land für die Tiere zu bekommen, hat man aber
solche Tiere, stößt man gerade hier in Norddeutschland auf eine grenzenlose
Ablehnung.

Letztendlich bekam ich Land von einem Bauern zur Verfügung gestellt, der
es sich sehr gut bezahlen ließ, sodaß ich schon an meine finanziellen
Grenzen stieß. Leider war dieser Bauer ein Psychopath. Ich wunderte mich
gleich zu Anfang darüber, daß er eine Menge Stallungen hatte und diese alle leer
standen. Statt mit Tieren waren sie mit Gerümpel vollgestellt. Es stellte sich
später heraus, daß er eine Tierphobie hatte. Das hatte wiederum zur Folge,
daß ich mich nach einem halben Jahr erneut auf die Suche machen musste.

Ich gelangte wiederum an einen sehr merkwürdigen Gesellen, an ein Schlitzohr,
wie es im Buche steht. Dieser tat unwahrscheinlich nett und verpachtete mir
eine ungepflegte Koppel, die mehr Unkraut als Gras beherbergte. Er hatte sie
wahrscheinlich jahrelang nicht bewirtschaftet. Alles war dort irgendwie verwildert.
Sein Pferdeanhänger war nicht mehr zu gebrauchen, da er bis zum Rand
mit ehemaligen Pflanzenabfällen gefüllt war, die schon halb in Kompost
übergegangen waren. Als ich diesen Anhänger bestieg, nachdem ich ihn
ausgeschaufelt hatte, brach ich sofort in den Boden ein.

Nach langem Hin und Her hatte ich meine Tiere jetzt auf dieser Koppel. Ich
bezahlte immer fleißig Geld für dieses verwahrloste Stück Land. Alle
Versprechungen, die er mir machte, hielt er natürlich nicht ein. Ich musste die
ganze Koppel mit einem kleinen Rasenmäher abmähen, da sie fast nur
noch aus Disteln bestand. Auch das Winterquartier war eine Katastrophe. Erst
fing er damit an mit uraltes Heu zu verscherbeln, welches schon etliche Jahre
gelagert war und meinte kurz darauf, das ich ab nächstem Monat den doppelten
Preis zahlen müsste.

So nahm das Schicksal seinen Lauf.

Ich hätte nicht im Traum daran gedacht, das es einmal so weit kommen würde.
Ich dachte, meine liebgewonnenen Tiere bis zu ihrem natürlichen Tod behalten
zu können, welches sich als Trugschluss herausstellen sollte. Die Situation auf
diesem Hof wurde immer dramatischer. Ich fand keinen Ausweg mehr, meine
Tiere anderweitig unterzustellen. Die Welt hatte sich gegen mich verschworen.
Ich fing an die Medien einzuschalten. Dort fand mein Anliegen auch Anklang.
Ich wurde mit meinen Tieren in mehreren Zeitungen abgelichtet.
Auch Sat 1 versuchte zu helfen. Ein Reporterteam
machte Aufnahmen von mir und meinen Tieren und sendete sie mehrfach, sogar überregional
Der Inhalt dieser Veröffentlichungen hatte in etwa den gleichen
Wortlaut: "Neues Zuhause für Lotti, Flitzer und Lutschi gesucht. Helmut
Rentsch will seine drei Rinder kostenlos in liebevolle Hände abgeben..." Es gab keinerlei Echo, obwohl es schon zu dieser Zeit massenhaft Tie4rschutzorganisationen, gab, die immer und immer wieder in den Medien mit ihren Tierschutzaktionen prahlten. 

Ich hatte mir wirklich mehr aus dieser massiven Publizierung erhofft. Die Sendungen und
die Zeitungsartikel hat bestimmt nicht nur einer gesehen und trotzdem erhielt
ich keine brauchbare Antwort. Ein trauriges Zeichen dafür, daß diese Tiere selbst 
den Tierschützern gleichgültig waren.

Ich zog also weitere Register und rief den Tierschutzverein in meiner Stadt an.
Man denkt ja im ersten Augenblick ein Tierschutzverein kümmert sich um alle
Tiere und man könnte ja wenigstens mal die Mitglieder fragen, ob sie
vielleicht noch ein Stückchen Land zu verpachten hätten... Weit gefehlt! Ich
bekam die telefonische Antwort, das der Verein doch nicht ein Auffanglager
für Nutztiere sei! ...Ein wirklich toller Tierschutzverein...

Ich ging immer noch davon aus, daß nicht die ganze Menschheit so schlecht
sein könnte. Ich hatte schon viel über die Tierschutzorganisation
Animal-Peace gehört, richtige Tierfreunde, die nicht einmal davor zurückschrecken, 

in Bauernhöfe einzusteigen, um dort einem Schwein das Leben zu retten.

Ich rief also bei dieser Organisation an, um ihnen meine Tiere zu schenken,
das sie dort noch ein angenehmes Leben hätten verbringen können. Ich sagte auch
gleich, daß ich die ganzen Transportkosten übernehmen werde, die mit der
Überstellung der Tiere anfallen würden. Ich hätte sie sonst wohin gekarrt, mit
einem großen Transporter, der ihnen die Fahrt erleichtert hätte.

Weit gefehlt! Keine endlose Begeisterung, wie sie immer
vorgetäuscht wird, wenn die Medien anwesend sind. Ich bekam lediglich 

die Antwort, daß die Tiere im Moment nicht zu vermitteln seien.
Anscheinend doch keine richtigen Tierschützer?
Wie anders wäre es sonst zu erklären gewesen, daß sie sich nicht einen Funken für
meine Tiere interessierten und sie eiskalt im Stich ließen, obwohl sie in größter Not waren.

 

 

Ich war nun soweit, meinen schweren Weg anzutreten. 

 

Es war kalt. Die Tiere hatten keinen Stall mehr. Selbst das Versprechen hatte

der Bauer jetzt gebrochen. Große Organisationen hatten mich eiskalt im 

Stich gelassen.
Es war feuchtes mieses Wetter mit Schneeregen. Die Koppel war nur noch eine
Matschpiste. Die Tiere fühlten sich unwohl und froren. Das schlechte Heu
wollte ich ihnen nicht weiter verfüttern. Ich kaufte Heu bei einem anderen
Bauern an, bis ich finanziell am Ende war. Es gab für mich keinen Ausweg
mehr. 

Ein Bekannter nannte mir einen Schlachter, der halbwegs human
schlachtet, wenn man das überhaupt so sagen kann. Es War eine schwere
Trennung für mich. Bei dem Abtransport in einem geräumigen Anhänger, wo
ich die Tiere noch begleitete, sah man ihnen ganz genau an, das sie ahnten das
es für sie ihre letzte Fahrt sein wird. 

 

Ich werde dieses Erlebnis nie vergessen.
Ich musste meine gesunden Tiere umbringen lassen, weil mich alle im Stich
ließen. Damit war diese traurige Epoche aus meinem Leben verschwunden,
obwohl ich noch oft daran denken muss. 

Ich habe nach dieser Zeit keine sogenannten "Nutztiere" mehr gehabt, da sie 

erstens keinen Wert mehr für die Bauern darstellen und deshalb schon, Dank 

der EU nach der Geburt eiskalt umgebracht werden (Herodeskälber) und mir 

zweitens die Arbeit, die ich mir machte so wahnsinnig sinnlos vorkam. 

Du machst ein Tier gesund damit es umgebracht wird. Welch eine grausames Ziel. 

 

Ich habe deshalb beschlossen, mein Leben denjenigen Tieren zu widmen, die nicht 

nur gequält, sondern auch noch ausgerottet werden, ebenfalls liebenswerte Tiere, 

die ein großes Loch in der Welt hinterlassen werden, wenn wir sie nicht mehr haben. . .

Helmut Rentsch

 

 

 

Einer meiner letzten verzweifelten Versuche, meine Tiere bei Tier- freunden unterzubringen. Ich hatte Presse und Fernsehen eingeschaltet aber es hat niemand geantwortet.

Dieser Artikel erschien in den Kieler Nachrichten am 15.Oktober 1997 von dem auch dieses Bild stammt.

Das sieht vielleicht gefährlich aus, war es aber nicht. Lotti wollte mir immer um den Hals fallen, was bei dieser Größe nicht ganz einfach ist.

Textübersetzung vom Bild: Hat einen Narren an seinen Kühen gefressen: Helmut Rentsch aus Neumünster. Mit einem freudigen Sprung bekundet Lotti ihre Zuneigung, Flitzer (Rotbunte) und Lutschi gucken sich das Schauspiel an.        Foto Bonin

 

Noch einmal zu den Tierschützern bzw. Tierrechtsorganisationen:

Ich mußte mittlerweile feststellen, daß viele Organisationen so reagieren und ihnen
die Tiere völlig gleichgültig zu sein scheinen, solange man damit kein Geld verdienen kann. Es geht anscheinend mehr um zahlungsfreudige Mitglieder, als um das Leid der Tiere. 

Wenn die Medien dabei sind, sieht die Sache ganz anders aus. Dann kann man ja zeigen, wie toll man ist. 

Je spektakulärer desto besser. Wäre ich Tierquäler gewesen und hätte damit die Massen erzürnt, wären die Tiere dort wahrscheinlich eher untergekommen. So hatten sie aber keinen Wert für den sogenannten "Tierschutz".

 

Das heißt für mich, das viele Tierschutzorganisationen gar keine richtigen Tierschutzorganisation sind, sondern vielmehr Institutionen, die nur unter dem Beisein der Presse bzw. den Medien werbewirksame Aktionen starten, um so möglichst viele Spendengelder einzustreichen, während die Tiere erst an zweiter Stelle (wenn überhaupt) zu stehen sceinen..   

 

Wussten Sie eigentlich, daß auch Zoo- und Zirkustiere zu den Nutztieren gehören und selbst artgeschützte Tiere wie Tiger ohne Sinn und Verstand abgeschlachtet werden, wenn sie dort als Publikumsmagnet ausgedient haben? 

Mehr dazu auf Zootiermord

Wie entsorgt man am besten "artgeschützte" Tierkinder die "über" sind?

Oder folgende Meldung aus dem Jahre 2007: Die Tierkiller vom Basler Zoo

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